Mittwoch, 23. März 2011

FlipLife

Ab und zu frage ich mich: Sind Spiele nicht Zeitverschwendung? Um Menschen etwas beizubringen gibt es doch auch direktere Wege?! Der Begriff "Spiel" hat negative Assoziationen, so schreibt auch Jane McGonigal in ihrem Buch "Reality is broken!".
Eltern sind besorgt, dass ihre Kinder zuviel Zeit vor dem Rechner sitzen ... die könnten sie auch mit ihren Freunden nutzen. (Antwort aus der Southpark Folge 1008, die sich mit World of Warcraft beschäftigt: "Aber ich mache doch etwas mit meinen Freunden - wir spielen WoW!").
Aber da Kinder nicht immer das tun, was ihre Eltern wünschen, sondern das, was Spass macht, ist das mit dem Spielen vielleicht so wie mit dem Lesen der Bild-Zeitung: Der journalistische Ruf der Zeitung ist nicht der beste, aber dennoch ist es für einen Politiker, der gewählt werden möchte, besser, sich mit dieser Zeitung zu beschäftigen und sie als Sprachrohr zu nutzen. Ob er will oder nicht. Diese Zeitung ist sehr beliebt. Und Spiele werden von vielen Jugendlichen auch bedingungslos konsumiert ... was kommt da gelegener als sie mit einer "educational" Nutzlast zu versehen?
Thomas meinte heute in der Diskussion zum Thema Zeitverschwendung und Spiele, dass Spiele oft als Appetithäppchen genutzt werden können ... sie veranlassen den Spieler, sich näher mit einer Sache zu beschäftigen und selbständig Wissen aufzubauen. Ein ähnliches Argument gibt auch Kurt Squire in seinem Buch "Video Games & Learning: Possible Worlds".

Warum dieser lange Vorspann? Heute hat Google per Zufall diesen Artikel ausgespuckt: Durch Daddeln zum neuen Job. Darin wird das Social Game "FlipLife" beschrieben. Dieses hat heftige Auswirkungen auf das reale Leben: Es kann auch zur Anwerbung von neuen Mitarbeitern dienen ... und zwar nicht nur in einschlägigen Spielindustrieberufen ... nein, in richtigen Berufen!
Zeitverschwendung?!

2 Kommentare:

  1. Der Begriff 'Appetitäppchen' ist bei mir irgendwie hängen geblieben. Ich weiß nur immer noch nicht so recht wie ich den Begriff in diesem Zusammenhang finden soll. Aus dem Kontext des Essens ist es eine Vor-Vorspeise, die der Gastgeber reicht wenn er sich besonders viel Mühe gegeben hat. Sie soll die Wartezeit bis zum eigentlichen Essen überbrücken und Appetit anregen für das was da noch kommt. In Spanien spielen die Tapas eine größere Rolle. Es gibt richtige Bars/Restaurant, die nichts anderes anbieten. Dort begleiten sie einen durch den ganzen Abend.

    In Deutschland ist es in der Speisenfolge eine Sache, die niemandem auffällt wenn es sie nicht gibt (außer vielleicht in den ganz gehobenen Kreisen). Im Restaurant erwartet man den 'Gruß aus der Küche' dagegen fast schon standardmäßig. Und wenn es mehr als Weißbrot und Butter ist, ist man angenehm überrascht.

    So richtig glücklich bin ich mit beiden Metaphern nicht, wenn ich sie auf das Thema Computerspiele und Lernen übertrage. Ich würde Computerspiele als Simulationsspiel auch durchaus als vollwertige Mahlzeit ansehen. Nachdem man das Tutorial und die Einführungsabschnitte in Appetit anregenden Häppchen absolviert hat.

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  2. Oh, der Eintrag ist betagt, mehr als ein Jahr alt. Er wird hochgespült durch die Suche nach Fliplife, einem Spiel, dass sich durch mangelnde Produkt- und Servicequalität selbst ins Aus gestellt hat.

    Die Einleitung regt mich zur Antwort an:
    "Ab und zu frage ich mich: Sind Spiele nicht Zeitverschwendung? "
    Meine Gegenfrage: wie lernen wir denn? Als Kinder spielen wir, erwerben Fingerfertigkeit mit Rasseln und Schippchen, ahmen die Großen nach und können bald aufrecht gehen, wir spielen und geben dabei nicht auf (wir stehen auf, immer wieder, bis wir gehen können).
    Das beste Lernen geht spielerisch, auch in der Schule, und wenn wir etwas tun, dann probieren wir es erst mal aus, wir tun so, als ob wir schon mit Mädchen (bzw. Jungs) flirten könnten und - plopp - haben wir uns verliebt. Wir tun so, als ob wir komplexe Projekte meistern könnten und schon fangen wir an, es wirklich zu meistern.

    Das Spiel ist die schnellste und eine sehr effektive Form des Lernen. Die Abneigung gegen das Lernen wird erzeugt von Lehrern, die uns das Spielen austreiben wollen.
    Und was ist ein Assessment-Center anderes als ein Spiel mit recht ernsthaftem Hintergrund, nämlich seine Fähigkeiten für einen Job zu beweisen?

    Das Spiel als Selbstzweck, als Möglichkeit, Zeit "totzuschlagen", lehne ich ab. Aber die Idee, im Spiel Fähigkeiten auszuprobieren, die einen Rekruiter interessieren, im Spiel die Microjobs eines Crowdsourcing-Unternehmens zu bearbeiten ... das kommt unserer Natur ziemlich nah, so haben wir schon als Kinder gelernt.
    Fliplife ist mit diesem Anspruch angetreten: Social Game, Crowdsourcing und Rekruiting-Instrument. Sie sind in allen drei Bereichen jämmerlich gescheitert, aber das bedeutet nicht, dass die Idee falsch war.

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