Donnerstag, 7. Oktober 2010

Computerspiele als Forschungsobjekt?

Wenn ich gefragt werde, womit ich mich beschäftige, und ich dann sage "Game Based Learning" ernte ich manchmal nur verständnislose Blicke ... "Wow, es gibt schon abgedrehte Arten, Forschungsgelder zu verschwenden" ... der Chef von meinem Mitbewohner wollte nicht glauben, dass sich vernünftige Menschen damit beschäftigen... In seinem Buch "Video Games & Learning: Possible Worlds", ein Plädoyer für den Einsatz von Computerspielen in der Schule, liefert Kurt Squire Gründe, warum es sich doch lohnen könnte:
  • Schon normale Spiele können als Appetithäppchen bzw. Anregung für die Spieler dienen, sich mit einem bestimmten Thema genauer zu beschäftigen. Spieler lernen die Grundbegriffe aus der Domäne des Spiels. Und viel wichtiger, sie lernen wie die Domäne als System funktioniert, gerade dieses - also nicht nur das Lernen von Fakten, sondern das Zusammenwirken von Fakten - die Praxis - wird im normalen Unterricht oft nicht erreicht.
  • Spiele fesseln die Spieler, nehmen die ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Einige Ursachen für die Spannung in Spielen kennt man. Diese und weitere, noch zu findende, könnte man in den normalen Unterricht einfließen lassen.
  • Ein Merkmal, das Spiele von allen anderen Medien unterscheidet, ist die Aktiviät des Spielers: Er kann mitmachen und gestalten. Squire sieht das als beispielhaft für einen Trend zur Mitmachkultur, wie z.B. auch das Web 2.0 es war/ist. Auch hier müssen die dahinterstehenden Prinzipien erkannt werden und in die "normale" Erziehung eingebaut werden: Wie funktioniert es, einen Schüler vom Konsumenten zum Produzenten zu machen?
  • Spiele erzeugen für den Spieler Erlebnisse. Aus Erlebnissen lernt man - im Gegensatz zum reinen Faktenaufnahme. Waren es nicht gerade die Lehrer, die am besten erzählen konnten - also Erlebnisse vermitteln konnten - die den besten Unterricht gemacht haben?

2 Kommentare:

  1. Ich habe ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass die Wissensentwicklung besser funktioniert wenn bestimmte Fakten in der Domäne verortet werden können; Wenn man anfängt das Gesamtsystem zu verstehen. Jedes zusätzliche Puzzlestück, dass man in diesem Stück versteht ist dann wie eine kleine Erleuchtung. Vor allem weil sich mit der Zeit auch völlig neue Perspektiven auf das System ergeben.

    Und das funktioniert aber auch nur dann wenn man aktiv mit/an diesem System arbeitet. Bei Spielen ist das, denke ich, nicht nur einfach das Thema 'Mitmachkultur'. Es geht dabei darum, dass man (auch beim Web 2.0) Gemeinschaften aufbaut und Anerkennung durch andere Mitglieder bekommt. Ich weiß z.B. auch aus eigener Erfahrung das das Führen eines Blogs viel mehr Spaß macht, wenn es Kommentare und Diskussionen gibt. Man kann zwar auch aus irgendwelchen Zugriffsstatistiken auf Besucherzahlen schließen aber der direkte Kontakt ist da etwas völlig anderes. Und damit ist man dann auch gleich beim Thema "Community of Practice". In Spielen führt einen das Spielthema zusammen, bei Blogs oder anderen Web2.0-Diensten ein bestimmtes Interessengebiet.

    Was das Fesseln von Spielen angeht ... das ist natürlich sehr individuell. Selbst wenn ein bestimmtes Spiel alle von J. Gee aufgestellten Prinzipien berücksichtigt, ist es trotzdem immer noch nicht für alle fesselnd. Die einen bevorzugen Rollenspiele, andere Jump&Run, Egoshooter, etc. Das kann u.U. auch einfach von der Gemütslage abhängen.
    Ich bin vor kurzem auf einen Artikel [1] gestoßen, in dem es um die Ergebnisse einer Studie geht, die besagt das ein Großteil von Studenten Spiele in keinster Weise motivierend findet. Aber mehr als das Abstract habe ich von dem Artikel bislang auch noch nicht gelesen.
    Ich persönlich kann es nicht so recht glauben. Es ist, wie gesagt, auch immer eine Frage der Vorlieben. Aber prinzipiell denke ich, das letztlich jeder Mensch gerne 'spielt'. Wie weit auch immer man diesen Begriff 'spielen' fasst.

    Insgesamt finde ich die vier von Dir zusammen gefassten Punkte zutreffend. Und momentan interessiert mich gerade besonders wie man es auch ohne ein Spiel schafft, Lernende von Konsumenten zu Produzenten zu machen.

    Thomas

    [1] Whitton, Nicola. 2007. Motivation and computer game based learning. In ICT: Providing Choices for Learners and Learning, 1063-1067.

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  2. Nur um mich nicht mit falschen Federn zu schmücken: die 4 Punkte stammen aus dem Buch von Kurt Squire, ich habe sie nur frei übersetzt.

    One Genre does not fit it all - nicht jeder mag jedes Spiel kann ich schon nachvollziehen - mir macht StarCraft keinen Spass, anderen macht Farmville keinen Spass.

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