Sonntag, 16. Januar 2011

Aha-Effekt

Gestern durfte ich einem "interessierten Publikum" meine FarmVille-Farm zeigen. Zur Zeit wirft die ein GDI  von 280.000 Coins ab. Da kam die Frage, was das in echtem Geld wert wäre.
Da ich kein echtes Geld einsetze konnte ich das aus dem Stehgreif nicht beantworten und so  haben wir nachgeschaut: Die größte Menge von Coins, die sich in einer Transaktion erwerben läßt, sind 70.600 Coins, die 42.20 USD kosten. Die Farm hat also einen Ertrag von über 160 Dollar am Tag. Davon läßt sich schon leben. Oder auch nicht: Die Coins lassen sich ja nicht verkaufen oder übertragen.
Die Zahl hat mich schon ein wenig beeindruckt. Vielleicht habe ich es ein bischen übertrieben ;-)

Wieso spiele ich überhaupt FarmVille? Habe ich mir dabei etws gedacht? Denke ich überhaupt?
Also angefangen habe ich, als ich vor einem Jahr Kurt Squire von der Idee einer bauphysikalischen  Spielplattform geschrieben habe, und er meinte, er würde das nach FarmVille Art angehen. Da ich vorher nur von FarmVille gelesen hatte, habe ich dann versucht, eigene Erfahrungen zu sammeln. Wir können ja nicht Spiele bauen und selbst keine spielen. Das würde gegen Regel 2 verstoßen: Eat your own dogfood.
Die wichtigste Einschränkung war: Kein Geld einsetzen. Da hätte ich dann nicht gewußt, wo das anfängt und vor allen Dingen, wo es wieder aufhört. Kein Geld aber heißt, dass eine wichtige Motivation bei FarmVille wegfällt: Das Sammeln und Besitzen von Gegenständen, sogenannten Decorations. Denn die sind meistens nur gegen FV-Cash zu erhalten, und davon bekommt jeder Spieler nur wenig ohne echtes Geld einzusetzen.
So habe ich mich darauf verlegt, die Farm zu optimieren. Das heißt, jeden Winkel entweder zu beackern oder mit gewinnabwerfenden Gebäuden und Tieren zuzustellen. Und zwar mit den jeweils ertragreichsten. Das ist meine eigentliche Motivation, die das GDI zur Zeit um täglich 3000 Coins steigen läßt.
Was FarmVille für mich weiter so sympathisch werden läßt ist die hohe Hinrleistungssvariabilität: Wenn mein Kopf am Abend leer und kaum noch arbeitsfähig ist, reicht es, einfach herumzuklicken, zu ernten und fertig sind die schnellen Erfolgserlebnisse. Auf der anderen Seite läßt sich an anderen Tagen aber auch beliebig viel Hirnschmalz investieren. In StarCraft ist das nicht so möglich: Dort ist man dann schneller tot als man klickt - und die Teamkollegen sind darüber nicht erfreut - es ist immer ganzer Einsatz gefragt. Hingegen kann ich in FarmVille die Prozesse verbessern und an Details feilen, wenn mir danach ist. In diesem Sinne ist FarmVille wie eine virtuelle Modelleisenbahn, abgesehen davon, dass sich nur die Köpfe einiger Tiere bewegen.
Aus der Sicht eines Spieledesigners empfinde ich es als äußerst spannend, den Lebenszyklusses eines Spieles mitzuerleben: Damit die Spieler bei der Stange bleiben, muss es immer wieder neue Inhalte und Spielmechaniken geben. Gleichzeitig ist aber der Rahmen des Spieles gegeben, in dem dieser Prozeß stattfinden kann. Da ist es schon interessant, welche Ideen erscheinen, und welche sich davon durchsetzen. Hier bin ich fasziniert vom Softwareentwicklungsprozeß, der FarmVille zugrundeliegt: Heute eine Idee, morgen ist sie umgesetzt und ausgeliefert und übermorgen gibt es die ersten Ergebnisse ob und wie die Idee von den Spielern angenommen wird. Gleichzeitig können neue Software Merkmale (hier fehlt mir ein Wort für "feature") nach und nach ausgeliefert werden - es läßt sich zentral steuern, wieviele und welche Spieler eine Softwareänderung bekommen. Beeindruckend.
Obschon oft nur geklickt wird, läßt sich von und in FarmVille auch lernen. Was, das sortiere ich gerade aus.
Heute zum Beispiel habe ich gelernt, dass man auch in FarmVille konzentriert arbeiten sollte. Denn ich habe zu ausgiebig und sorglos mit dem "Lösche alles - aber sofort und endgültig!" Werkzeug hantiert. Dem ist ein Orchard (Obstgarten mit 20 Baumplätzen) samt 20 Bäumen zum Opfer gefallen. Es waren gerade die Bäume mit dem höchsten Ertrag. Das GDI ist um 4500 Coins gesunken. Das hat mich als Achiever (Spielerkategorisierung nach Bartle (Der obligatorische Link für heute ;-)) hart getroffen. Aber es ist ja alles nur ein Spiel ...  Real world experiences without taking real world risks!

Glossar:
  • interessiertes Publikum:    Leute, die denken: "Der ist ja völlig durchgeknallt".
  • GDI                                   Guaranteed Daily Income, d.h. alles, was man zu jedem beliebigen Zeitpunkt auf der Farm ernten könnte, ohne zusätzliche Aktionen - wie Geschenke zu verschicken, zugelaufene Tiere einzufangen - zu tätigen (das sind die Erträge aller Tiere, Gebäude und Bäume) 
Update
8. Juni 2011  - 4.008.000 XPs - 1,026 Millionen Coins GDI
30. August 2011  - 6.188.000 XPs - 2,013 Millionen Coins GDI


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